TESTS / 10.03.2025
Polestar 4: Stylischer Stromer ohne Heckscheibe
Posted by: Mario Borri
Ein Auto ohne Heckscheibe? Was für Lieferwagen normal ist, klingt für einen Personenwagen verrückt. Doch beim neuen Polestar 4 hat die ungewöhnliche Designentscheidung einen Grund - mehr Platz. Durch den Verzicht auf die Heckscheibe konnte die Dachlinie weiter nach hinten gezogen werden. Ergebnis: Mehr Kopffreiheit, ein grösseres Glasdach und dadurch ein erstaunlich luftiges und helles Raumgefühl auf der Rückbank.
Klar, ein Auto ohne Sicht nach hinten ist gewöhnungsbedürftig. Wer instinktiv den Schulterblick wagt, blickt ins Leere. Stattdessen übernimmt eine Kamera die Aufgabe des Rückspiegels. Nach einer Eingewöhnungsphase klappt das aber ganz ordentlich. Auch bei Nacht und schlechtem Wetter arbeitet die Kamera.
Mit seinen 4,84 Metern Länge ist der Polestar 4 ein stattliches Auto. Der Innenraum fühlt sich aber dank der cleveren Bauweise noch grösser an. Die Rückbank ist fast schon ein kuscheliger Wohlfühlort, weil kein Licht von hinten einfällt. Der Kofferraum schluckt beachtliche 526 Liter, mit umgeklappter Rückbank sind es 1536 Liter. Selbst ein kleiner 15-Liter-Frunk für das Ladekabel ist dabei.
Der Polestar 4 sieht nicht nur schnittig aus – er fährt auch so. Der Dual-Motor unseres Testwagens mit 400 kW/544 PS katapultiert das SUV-Coupé in 3,8 Sekunden auf Tempo 100. Die Reichweite beträgt gemäss WLTP 590 km, trotz 100 kWh grossem Akku ein utopischer Wert, vor allem im Winter. Bei Aussentemperaturen zwischen 5 und 10 ° C. schafften wir gemäss Bordcomputer aber rund 400 km, ein anständiger Wert. Geladen wird mit maximal 200 kW, der Ladevorgang von 10 bis 80 Prozent SOC dauert eine halbe Stunde.
Trotz der Power soll der Polestar 4 eine Komfortlimousine sein. Doch genau dort failt der China-Schwede. Der Federungskomfort lässt deutlich zu wünschen übrig. Vor allem auf langen Wellen gerät der Wagen unangenehm ins Wippen. Auch kurze Schläge dringen zu den Insassen durch. Das liegt aber sicher auch an der optisch coolen 21-Zoll-Niederquerschnittbereifung.
Innen zeigt sich der Polestar 4 gewohnt edel-minimalistisch. Die Verarbeitung ist top, doch die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig: Statt echter Tasten gibt es nur Touch-Bedienung oder empfindliche Klavierlack-Elemente am Lenkrad. Ein bisschen mehr «echtes Anfassen» hätte dem skandinavischen Purismus gutgetan.
Der Polestar 4 kostet mindestens 63'900 Franken, der Testwagens mit Dual-Motor sogar 71'900 Franken. Ein Schnäppchen ist der neue Polestar nicht, doch man bekommt fürs Geld ein futuristisches SUV-Coupé mit ordentlich Power, solider Reichweite und einem echten Hingucker-Design. (mb)