Polestar 2 – schon gefahren

Polestar 2 – schon gefahren

Aktuell ist noch nicht klar, ob und wann der Polestar 2 in Österreich zum Verkauf angeboten werden wird. Fest steht aber, dass der Wagen unglaublich spannend ist und sich nicht nur wegen seinen 408 PS und dem auf Basis der deutschen Tarife recht attraktiven Preiszettels keineswegs vor den Angeboten der Nobel-Konkurrenz aus Stuttgart, Ingolstadt und Kalifornien verstecken braucht.

Polestar war ursprünglich die Abteilung Sport und Power von Volvo. Mittlerweile ist auch noch eine Elektromarke draus geworden - und die lässt durchaus spüren, worauf sich der Polarstern einstmals konzentriert hat. Die Nummer 2 des Hauses ist jedenfalls - neben sonstigen Talenten - auch ein sehr dynamisch-knackiger Untersatz. In Zahlen: Die vorne und hinten platzierten E-Aggregate stellen zusammen 660 Newtonmeter maximales Drehmoment parat und sorgen für eine Standard-Sprintzeit von 4,7 Sekunden. Bei Tacho 210 endet laut Testfahrt der Vortrieb - Polestar spricht von 205 km/h Spitze.

Was die Zahlen nicht beschreiben können, ist das Fahrgefühl. Die unmittelbar freigesetzte Power ist zwar nicht neu, aber immer wieder faszinierend - etwa beim Einfädeln auf die Autobahn oder beim Überhol-Zwischenspurt. Das passiert sehr leise, sogar die Reifengeräusche sind beim Polestar 2 kein Thema, allenfalls ein Säuseln des Windes um die ganz besonders gelungene Karosserie der fünftürigen Mittelklasse-Limousine ist zu vernehmen.

Die chinesischen Schweden - mit im Boot ist Hersteller Geely - geben als Verbrauch 19,3 Kilowattstunden (kWh) je 100 Kilometer an, ein vergleichsweise niedriger Wert. Beim mit 438 PS nicht wesentlich schwächeren e-tron S von Audi etwa stehen 27,2 bis 29,0 kWh im Datenblatt, und wer es etwas fliegen lässt, hat vorne schnell eine Drei stehen. Anders beim Polarstern: Der zog während unseres Tests trotz mehrerer Vollstrom-Etappen bloß 20,1 kWh aus dem 78 kWh-Akku. So nah am Normwert? Das ist ganz selten.

Die 470 Kilometer Reichweite sind also mit etwas Zurückhaltung auch real zu schaffen. Gefüllt wird der Akku des Polestar 2 übers eingebaute Ladegerät mit bis zu elf kW, am Schnelllader sind 150 kW möglich und eine Füllzeit von 0 auf 80 Prozent von 40 Minuten - das passt für eine entspannte Kaffeepause.

Das Platzangebot im eurasischen Stromer mit der veganen Innenausstattung ist vorne klassengerecht, hinten wird es für besonders langbeinige Passagiere ein wenig knapp. Angenehm für die Innenraum-Atmosphäre ist das große Glasdach. Ein ganz eigenes Kapitel ist die Bedienung, denn der Polestar 2 ist das weltweit erste Auto mit einem Infotainmentsystem, das auf Google Android basiert und somit Google-Apps und -Dienste integriert. Klarer Vorteil für alle Android-Nutzer: Es funktioniert alles wie am gewohnten Smartphone oder Tablet. Anders gesagt: Viel einfacher lässt sich ein doch relativ komplexes Gerät wie ein modernes E-Auto mit kompletter Vernetzung, allen aktuellen Assistenzsystemen plus der kompletten Infotainment-Parade nicht nutzen. Dazu kommt eine wirklich annähernd perfekt funktionierende Sprachsteuerung, die auch Frauenstimmen problemlos versteht. Klingt eigentlich selbstverständlich. Ist es aber bei so manch Konkurrenzsystem keinesfalls.

Wie sich das in besseren Kreisen gehört, lässt sich mit ein paar Klicks die Lenkung und der Rekuperationsgrad wie gewünscht einstellen, Letzterer von null, also vom freien Rollen, bis zu einer kräftigen Verzögerung, die nach kurzer Eingewöhnung das Bremspedal fast arbeitslos macht. Was schnell auffällt ist die Leichtigkeit, die die Arbeit des Piloten im Polestar 2 begleitet. Es geht definitiv nicht sänftenartig, aber auch nicht brutal hart zur Sache, die 2,1 Tonnen Lebendgewicht relativieren sich dank der ausgewogenen Gewichtsverteilung: Der Eurasier kommt auf Wunsch auch sehr schnell ums Eck, ohne zu zucken. Dass er auch noch vorne 35 und hinten 405 bis 1.095 Liter gut nutzbares Kofferraumvolumen bietet, kommt zu seiner Alltagstauglichkeit noch dazu.

Kommen wir zum lieben Geld: In Deutschland startet der Polestar 2 bei einem Basispreis von 57.900 Euro. Unseren Testwagen zierten noch das Performance Pack mit Brembo- und Öhnlins-Komponenten (5.849 Euro), eine Anhängerkupplung (1.072 Euro) und die Lackierung in Snow Metallic (975 Euro) - schön zu haben, aber nicht lebenswichtig. Preise für Österreich sind wie gesagt noch keine bekannt - mangels NoVA dürften sie allerdings nicht allzu viel höher sein. Dennoch: Wem der appetitliche Schwedenhappen so jedenfalls noch zu teuer ist, der kann ja bis Ende 2021 warten: Dann gibt es eine Einstiegsversion mit nur einem Motor und kleinerem Akku für unter 40.000 Euro - vor Abzug der Prämien.

Rudolf Huber / mid

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